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Das Leben in diejen geheimnipvollen Raumen ijt hodh¬
intereffant; fdion am frühen Morgen fommen fie angeriict,
die verjdiedenen Gejtalten, um ihren , Raffee" eingunehmen,
dem allenfalls noch Brodbrocten beigefiigt werden, und fid
Dann gemiithlich dem Morgen-, Friih- und Mittagsjehoppen
ergeben, bis cS Zeit ijt, je nachdem, an die Arbeit, zum
Couponfeneiden, gum Tarock oder — zum leben Weibert
ju gehen, Der man dann ergablt, wie fehr man fich wieder
für das Wohl des BVaterlandes — durch Entricjtung von
Malzaujthlag — geopfert hat und — noch dfter opfern will.
Cine Konfiurteng in Bezug auf die Herjtellung des Hofbrdu¬
biercs ift nicht zu befiirdjten, denn Meiinchens Luft üt bier
feucht. Reiche Brauereibefigzer aus Schweden und England,
aus Deutfehland und Oefterreich 2c. 2c. haben hier ftudirt
und ihrer Heimat doch ein anderes Getrünt erzeugt, obwohl
fie gang diejelben Stoffe von gleicer Gitte und Qualitat
verarbeiteten alles umfonj{t.
Wie viele Böcte mit ihren Hdrnern, wie viele Affen und |
wie viele Rater migen hier {chon gehauft und ihr Unwejen
getrieben haben, wie viele werden hier nod dad Licht der
Welt, richtiger ihren Schipfer erblicen? Mag nun die Babl
derjelben noc) jo groB fein, wir wiinfehen ifnen Allen cine
tiefigen Durft, und ein fraftiges ,WoHh{ befomm’s!”
Theils um erfteren einigermafen wirffam au erzeugen,
theils um eine frdftige Unterlage 3u haben, empfiehlt es fich
nad) dchter Miinchener Art, vorher ein fleines Friibftice mit¬
gunehmen, wogu dem Bejuder Gelegenheit geboten ift in dem
Orlandojtragfe 1 (nahe dem Hofbrauhaus) befindlichen
I. oberpfalzijden und frantifdjen Schinfen- und Wurjtwaaren¬
Lager von Frau Thereje Kobus, wo eine reiche appetitliche
Auswahl obiger und weftphalifeher Schinten, Surrhareln,
Delifatepfajen und Fifehwaaren aller Art aufgeftapelt ijt.
Bur Verdauung fann man fich auf dem Riicwege noch ein
Glaschen Liqueur oder ein Flajhehen Wein mitnehmen, was
alles tn jolider Waare Hier zu haben ijt.
Abermals find wir in die fchine Zeit des Oftoberfeftes,
das int Heuer zum 83. Male gefeiert wird, cingetreten. Anlak
sur Cinfiihrung diefes fchdnen und herrlichen Feftes gab die Ber:
maihlung des Kroupriiyen Ludwig von Bayern mit der
Prinzeffin Cherefe tm Sahre 1810 und feit diejer Zeit hat es
fic) immer mehr gu einem Bolfsgfefte im wahriten Sinne des
Wortes ausgebildet, zu dem aus allen Theilen unferes fchonen
Bayerulandes gauze Ziige von Oftoberfeftbejuchern herbeifommen.
Oa find unfere ftümmigen Oberlindler vertreten; die waceren
Niederbayern und die biederen Schwaben fehlen wicht; die ge
imithltdhen Bfálzev wie nicht minder die Söhne des hervliden
Sranferlandes. Wlle finder jich ein, um die Eryengnifje unferes
Vandes, die grogartige Pferde- und Viehzucht, die landwirth{chaftliche
Majchinen-Ausftellung zn bewiundern und gleichzeitig ein gemiith:
liches allgemeines §ejt zu feiern, das für jedes Sahr foznjagen
den Shluk des fehineren Theiles desfelber bilbdet.
Aus Heinen, befcheidenen Anfüngen nahm das ,Oftoberfeft |
immer mehr an Umfang zu und jekt geniigt faunt die gyofe
Therejiemmiefe mehr, um all den vielen Wirths-, Shiek-, Schau,
Hijeh: und anderen Buden, den jahlreicen Carrouffels, Schantelw 2c.
Raum zu bieten. Es bietet fic) aber auch wirkltch fawn ein
fchduerer, cin freudig ervegenderer WAnblicé, alS wenn man an
einem der Hauptfonntage vor der Preisvertheilung und dem Mennen
von dem Berge aus das herrliche Bild bejichtigt, das fic) Hier
dem wornetriuntenen Auge zeigt. Wllitberall Buden mit unzdhligen
Kahnen gefehmiict, ndchft der Anfubr das fchine Königszelt mit
jeinen blauweifen Oraperien, die griinen Fichtengewinde, zu einer
machtiger Krone fich vereinigend, die verfchiedenen Tribiinen, von
emer im Geftgewande erfchienenen Menge befest, die vielen
Behntaujende der Wiefenbefucher, die mit Spannung das Erfeheinen
de8 Hofes erwartet und jedes einzelne Mitglied mit braufenden
Hochs ftiirmife begriift und mun endlich, nachdem die Breis¬
vertheilung voritber, fid) auf den Wugenblict freut, in dem fich das
Thor öffnet, ans weldchem in vafchem Flug die flotten Rennpferde
mit ihren buntfoftiimirten Rennbuben dabhinjaujen — dazwifehen
die verfchiedenen Wujiffapellen, welde die geduldige Wenge durch)
fehneidige Marjche 2c. unterhalt — all das übt einen unbefdhreib¬
lichen Reiz auf die verfdhiedenen Elemente aus, der es erflarlich
macht, Dak man immer und immer wieder alle Sahre der Wiese
gueilt und jeden Tag — wer nichft der Zeit auch über das nöthige "
Rleingeld verfiigt — die Nachmittagsjtunden dort verbvingt.
Das Veber und Treiber in den auf die Therefienwiefe firhrenden
Strafen ift hichft oviginell. Ganze Rarawanen grofer und fleiner
Kinder, behibige Biirgersfraucn und ehrfame Couponsabfchneider,
paufmerffame” Rindsinddden und fchmachtende ,,Gigerin” — Wile
fennen fie mir ein Ziel, nümlidh die Wiefe! Es ijt das ewige
Alte, das fich immer nen bleibt und alle Sabhre diefelbe Wnziehungs¬
fraft ansitbt! Oasfelbe Gewirre von Drehorgeln und Meuyjtt:
Fapellen, bdasfelbe Stimmendurcheinander der Wusrufer vor den
vielen Sdhaubuden, in denen alles , nen", ,grofartig”, ,,rwunders
bar” und nod) nicht dagewefen” fein fol, obwohl dasfelbe
mindeftens fehon 5 Sahre anf der Wiefe und jührlid) doveimal auf der
Aner oder Haidhaufer Oult bewundert werden fornte, natürlid
nur von Senen, die nach der Meinung des WAusrufer , Sinn für
das Shine, Sdeale und Grofartige” haben und ,,Ctiwas von der
RKunft” verfiehen.
G8 thut Cinem aber auch wirklich die Wahl weh, wo man
jein liebes Geld hintragen foll — in eine Menagerie, ins Schihtl fhe
oder in ein anderes Zanber-Theater, ing Panorama, oder gar in
den Hunde- oder Floh-Circus. Ynteveffant ijt natlirlich Wles,
Demit der WAusrufer jagt es, und was der fagt, it wabhr und wer’s
nicht glaubt, zahlt einen Nickel! Wir 3ahlen zu den Legteren, legen
nod) 20 Bfennige darauf und gehen. in die Bude der Herren
W. Shaffer und Hans Steyrer, wo wir uns jundchft eine
Map gutes Spatenbier vont bayerifdjen Herfules credenzen laffen.
Hery Steyrer ift nod) immer in vollfter Kraft und wer vor
unferen Gaften aus der Broz
vin; noch feine Gelegenheit
hatte, diefen — beviihmten
und vielbewunderten Kraft:
menfjen fennen 3u lernen,
hat hier Gelegenheit dazu.
Aus feihengrokartigen Craft:
productionen erwahnen wir
nur das Heben .eines 528
Pfund fehweren Steines, das
Heben eines 130 Bfund
{hweren Srhleiffteines bis
zur Brujt und eines 4 Ctr.
{chweren Bierfapes, dasjelbe
mit beiden Hdnden ant
droid faffend. Sein ,mar¬
{hivendes Net" ditrfte gleich¬
falls feinen MNachahmer
jinden. Sn feiner Wirth¬
{chaft an der Tegernfeer¬
landítrage bejikt Herr
Steyrer ein ganzes Meufeunt
von ,,Urbeitsmaterial” und
Gefdhenfen; zu lesteren zahlt
eine 30 em [ange und 15 cm
2 breite Schnupftabafsdofe ans
hans Steyrer. Mtarmor im Gewidte von
60 und cin eiferner ,,Gigerfftod” von 25 Pfund Gewicht. Dak
die Bude der Herren Schijfer und Steprer ftets gut bejucht ijt,
darf auch den famofen Sdweins und anderen Wiirfteln, wie
fonítigen appetitreizenden Zugaben gutgefdrieben werden.
Wir unternehmen mun eine Wanderung durd die Hunderte
von Carrouffels, Schiffsfdhautetu, , Riefendamen" oder , Bhoto¬
graphie-Salons”, in denen man fic) machen laffen” fann, faffer
die verfchiedenen Steckerlfifdh:, Küfez, Wiirftel und andere Buden
fints fliegen und fuden die Bude des Herrn Ludwig Schlecht
(Snbaber dev Reftauration ju den ,Drei Konigen”) auf. Hier
ift abermals ein, guter Tropfen gu finden, dem man nidt Leicht
widerftehen fann. , Ul ganz befondere Specialitdt find die felbft¬
gemajteten, famos gebratenen, Hithner zu erwahnen, welde Stüct
für Sti nur ju ME. 1.50 abgegeben werden — ein Preis, um
det man in Miinchen eine folche Delicateffe nicht zu finden gewdhnt
ijt. Unc) fonft ijt für gute Wiirjteln und fonftige Barbelage
nebjt flotter Mtujit hinreidend geforgt.
Here Michel, Director der Miinchener Branerfdjule, hat den
guten Ginfall gehabt, eine Schantftelle fiir fein venommirtes