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19.4.1969

Kommt eine internationale
Wahrungskonferenz?
“Von Oto: Habsburg

, Die." internationale “Wahrungslage ist
weiterhin gefülirdet. Hine Serie ‘kleinerer
Erschittterungen begleitet die gréBeren Er¬
eignisse, wie die Abwertung des Pfundes im
November 1967, den Sturm auf.das, Gold im
Marz 1968 und die Franc-Krise. vom letzten
.Növember. Die Prásidenten der Zentralban¬
ken. sind. andauernd in Bereitschaít und ver¬
suchen bisher erfolgreich, durch kurzfristige
'Hilfsmafinahmen die Entscheidung hinaus¬
-zuschieben,' bis die Regierungen eine tief¬
greifende Reform durchftihren kénnen.

.., Diese Politik des Zeitgewinnens ist vor
‘allem darum’ notwendig, weil die zweite
‘Finanzmacht..der Welt, die--deutsche . Bun¬
desrepublik; .am .Vorabend allgemeiner
Wahlen steht. Das ist eine Zeit, in der man
von den. Machthabern weder Handlungsbe¬
reitschaft noch Opfer fordern kann. Daher
die Unmdglichkeit, eine Konferenz vor dem
Spdatherbst: einzuberufen.. Bis dahin mu8
man eben Daumen halten, in der Hoffnung,
dab nichts passiert.

~ Die gegenwartige Dauer-Krisée zeigt das
‘Ende. einer Epoche an. Wir leben seit 1944,
‘also. seit. einem Vierteljahrhundert, nach
den. -Grundsatzen des. Abkommens von
Bretton) Woods: Dieses: mac seinerzeit: bee
rechtigt gewesen sein, ‘entspricht aber nicht
mehr unseren gegenwartigen Bediirfnissen,
Die wirtschaftlichhen Gegebenheiten haben
"sich gewanrdelt, wahrend.dér wáhrundspo¬
litische Uberbau. unverándert geblieben ist.
Das mu unertrögliche Spannungen hervor«
rufen.

Die drei. Charakteristiken der Heutigen
‘Finanzstruktur ‘sind’ das Festhalten’ am
Goldpreis von 1935, ein starrer Wechsel«
kurs und schlieBlich das Bestehen von zwei
Reserve-. -Wahrungen, der. Dollar und. das
Pfund.

Das willkirliche Binfrieren des Gold¬
preises ist. absurd,, da es undenkbar ist,
durch Regierungsdekrete den Preis einer
einzigen. Ware. zu. driicken, wdhrend. man
alles. andere. steigen láBt. Als: Folge. hat
eine. groBe Zahl von Goldbergwerken
schlieBen miissen, so daB das Angebot im¬
mer ungentigender wird. 0:

Der starre Wechselkurs ist eine nicht zu
unterschdtzende Ursache der Krisen. Hatte
man im November 1968 den Kurs der De¬
visen um nur 4 Prozent über und unter dem
offiziellen Richtwert schwanken lassen, hat¬
ten die nattirlichen Krafte des Marktes sich
ausgependelt, ohne dab man aufergewohn~
liche MaSnahmen ergreifen mübBte.

Das Pfund: ‘schlieBlich hat seine feste
wirischaftliche Grundlagqe verloren, Es ist
heute die Achillesferse der Weltfinanzen,
Darüber hinaus haben die Wandiungen in¬
nethalb der Sterling-Zone den finanziellen
Schwerpunkt in eine Region politischer
Spannungen verschoben, wie z. B. in den
Persischen Golf.

Zu diesen vorwiegend strukturellen Tat¬
sachen-gesellt sich die Handlungsweise der
beiden: Hauptmdchte von Bretton Woods,
der USA und England. Anstatt ein Element
‘der Stabilitét zu sein, haben diese Staaten
ein andauerndes Defizit in ihrer Zahlungs¬
bilanz und leben von Anleihen. Wenn es
auch den Amerikanern gélang, bis’ heute
den: Foigen ihrer Vorgangsweise zu. ent»
gehen, ‘so. verdanken: sie dies ihrer Anzie¬
hungskraft auf europdische Kapitalien, de¬
ren Einstrémen.zeitweise die Verluste er¬
setzte. Wenn aber eines Tages, durch irs
gendein -Ereignis, das: internationale’ Ver¬
trauen geschwacht wiirde, kann es zu einem
plotzlichen Richtungswechsel des Stromes
kommen, der uns über Nacht eine Wirt¬
schaftskrise bescheren kénnte.

Die Auswirkungen dieses Zustandes
werden immer ftihlbarer. Die weltweite Ime
flation.fihrt zu einem. dauernden Anstieq
der Preise, und der Zins hat eine wirtschaft¬
lich. gefahrliche Hohe -erreicht, In der Vere
einigten: Staaten. zum Beispiel. ist die Rem

_tabilitat. der Anleihen schon fast ein Drittel

man den Durchschnittsertrag der Industrien
über eine Anzahl Jahre mit etwa 4: bis
5 Prozent berechnen. kann, steht der ‘Zins

wachsende Inflation fortzufiihren, oder-das
Risiko. eines schmerzlichen -wirtschaftlichen;
Das ist der Grund, warum alle Sachver-:

— zugeben, da8 eine Reform des Bretton-:
-Woods-Systems: unerlaBlich und ‘dringend
ist. Diese kann aber nur. Folge einer breiten
‘das!

der von 1944, Allerdings bleibt nur mehr /
wenig Zeit; und mit jedem Tag,. der vergeht,
wird das Risiko grdBer.