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Te 2. 1969 Ve a Mark-Spekulation Von Otto Habsburg ' Vor noch nicht so langer Zeit, im November, erschtitterte eine finanzielle Krise die Welt. Frankreich war gezwungen, drastische MaBnahmen zu ergreifen. Nach nur ‘wenigen Wochen der Ruhe versuchen erneut dieselben Krdfte wie damals, das sowieso erschiitterte internationale Gleichgewicht zu stéren. Sogar einige im allgemeinen angesehene Organe scheinen sich zumindest indirekt in den Dienst von Interessen zu stellen, die ihren eigenen Staaten schaden ‘und den wirtschaftlichhen Aufschwung bedrohen.' ee Der letzte typische Fall. war ein. Artikel der Londoner ,Times", einer Zeitung, die immer. noch weltweites Prestige genieBt, -welches sie allerdings mehr. dem. verdankt, was sie war, als dem, was sie heute, ist.:Das ‘Blatt legte dar, daB eine Aufwertung der Mark im kommenden Herbst hach den Wahlen zum deutschen Bundestag wahrscheinlich sei. Solche Spekulationen k6nnen leicht: Kapitalién, insbesondere .solehe ‘der arabischen Oelscheichs, veranlassen, in die: Banken von :Bonn und Frankfurt Zu fliichten; "eine" Geldbewegung, idie’ schon zweimal das Weltfinanzsystem- in : Gefahr gebracht hat. - i i Es. ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen,. dab die Auffassung des britischen Blattes nicht auf verantwortlichen Informationen fuBt, .son‘dern lediglich den heiBeri Wunsch einfluBreicher Kreise der City widerspiegelt. Letztere wollen Deutschland zwingen, einen Weg einzuschlagen, der sich bereits in den Zeiten von Professor Ludwig Erhard als katastrophal erwiesen hatte. Der Vater des j deutschen Wirtschaftswunders hat durch die Erhéhung der Paritét seiner Wahrung nicht nur einen groBen Ruf verloren, sondern auch politischen Selbstmord begangen. Gerade dieses ungliickliche Beispiel hat gezeigt, daB eine einseitige Aufwertung logisch zu einer Wirtschaftskrise fiihrt, die nicht auf gewisse Lander beschrankt bleibf. Man mut daher kein groBer Sachverstandi| ger sein, um zu wissen, dab das Pfund nur einige Monate die Vorteile einer solchen Operation genieBen wird; diese Zeitspanne ware aber bloB eine kurze Galgenfrist, denn auch London kann den Folgen einer kontinentalen Rezession nicht entgehen. Dies ist die Ansicht der Sachverstandi, gen im Bonner Finanzministerium. An der Spitze desselben steht einer: der , intelligentesten und energischsten Manner unseres Erdteiles, Herr Franz Josef StrauB. Seine bisherige stiirmische politische «Karriere ‘beweist, daB er weder beeinfluBt noch eingeschiichtert werden kann. Strau8 hat aber auch. gesunde politische Ambitionen. Er weiB, daB séine Karriere in Gefahr ware, wenn er, dem internationalen Drucke folgend, die Mark einseitig aufwerten würde. Er hat die Lehren von Erhards Niedergang nicht vergessen. Es ist daher logisch vorherzusagen, daB, solange Strau8 fiir die deutschen Finanzen verantwortlich ist, die gegenwartige Paritát aufrecht erhalten werden wird. . Dariiber hinaus erwartet niemand ernstlich eine Aenderung der Mehrheit anlaBlich der bevorstehenden deutschen Wahlen. Es ist denkbar, aber keineswegs sicher, daB die Sozialisten einige Sitze verlieren. Diese aber wiirden mehrheitlich auf die Christlichen Demokraten iibergehen, also die- Partei, der Strau8 angehért. Der Einflu8 des letzteren diirfie daher wahrscheinlich eher noch zunehmen. a Die Tatsachen. des deutschen politischen |Lebens machen demnach eine einseitige Aufwertung der Mark héchst unwahrscheinlich. Nur eine internationale Wéhrungskonferenz über den Preis des Goldes und den Wert der wichtigsten Geldeinheiten, also eine Gesamtrevision des Abkomimens von Bretton Woods, kénnte zu einer neuen Paritat fiir Deutschland führen. In diesem Falle -wiirden aber alle wirtschaftlichen. Gegebenheiten der Lander der OECD auf neue Grundlagen gestellt werden, einschlieBlich der Paritat des Dollar. . Die Spekulationen über die Mark sind daher heute ebenso abwegig wie gefahrlich. Sie werden hauptsachlich jenen schaden, die unklug genug sind, sich durch unverantwortliche Artikel oder Geriichte beeinflussen zu lassen.